Die Pazifikinsel Nauru gehörte einst zu den reichsten Ländern der Welt. Kuwait des Pazifiks wurde die Insel genannt. Doch so schnell der Reichtum Naurus gekommen war, verschwand er auch wieder.
Wie Nauru durch Vogel-Kot reich wurde
Nauru ist eine kleine Insel inmitten des pazifischen Ozeans. Mit einer Fläche von nur 21 Quadratkilometern und 12'700 Einwohner ist Nauru das drittkleinste Land der Welt. Wohl deshalb ist Nauru auch das am wenigsten besuchte Land der Welt. Dabei gab es eine Zeit, in der wohl viele Menschen gerne in Nauru gelebt hätten. In den 1970er Jahren war Nauru, gemessen am BIP pro Kopf, das zweitreichste Land der Welt. Doch wie kam eine so kleine Insel wie Nauru zu so grossem Reichtum?
Jahrtausende lang haben Seevögel Nauru als Brutplatz und gleichzeitig auch als Toilette genutzt. Die Exkremente der Vögel beinhalteten Phosphat, einen extrem gefragten Stoff für die Herstellung von Dünger. Über die Zeit haben die Exkremente der Vögel riesige Phosphatbestände auf Nauru geschaffen. im Jahr 1900 wurden diese Phosphatbestände in der mittlerweile deutschen Kolonie Nauru entdeckt und es wurde mit dem Abbau begonnen. Nach dem ersten Weltkrieg fiel die Insel in die Hände der Engländer und Australier. Die British Phosphate Commisson beutete die Posphatbevorkommen auf Kosten der Einwohner Naurus weiter aus. 1968 wurde Nauru schliesslich unabhängig und kaufte 1970 die British Phosphate Commisson, welche es zur staatlichen Nauru Phosphate Corporation umwandelte. Die Nauruer intensivierten den Abbau des Phosphats. An der Küste wurden riesige Verladestationen gebaut, die durch eine Schmalspurbahn mit den Abbaugebieten verbunden waren.
Unendlicher Reichtum auf Nauru?
Für Nauru begannen mit den 1970er Jahren goldene Zeiten. Alleine 1975 verdiente Nauru 2,5 Milliarden US-Dollar durch den Verkauf seines Phosphats. Die immensen Gewinne aus dem Phosphatabbau wurden auf die Bürger von Nauru verteilt oder von der Regierung investiert. Das nun plötzlich zu Vermögen gekommene Land ging mit seinem Geld um, als wäre es unbegrenzt vorhanden. Die Regierung liess einen Flughafen für die eigens gegründete Fluggesellschaft Air Nauru errichten, damit Nahrungsmittel aus dem Westen importiert werden konnten. Nauru kaufte Immobilien überall auf der Welt, darunter mehrere Luxushotels auf anderen Pazifikinseln und zwei Wolkenkratzer in Melbourne und Honolulu. Das riesige Staatsvermögen führte zu grosser Korruption auf der Insel. Beamte machten Luxusreisen um die Welt mit dem Vorwand, die Besitztümer Naurus zu verwalten. Alleine 7 Millionen US-Dollar verschleuderte der Inselstaat für ein erfolgloses Musical, das nach der Premiere sofort abgesetzt wurde.
Derweil gingen die Nauruer mit ihrem Anteil an den Einkommen aus dem Phospahtabbau auch nicht viel sparsamer um. Die Bürger Naurus mussten keine Steuern zahlen. Auch die medizinische Versorgung wurde komplett kostenlos. Längst arbeiteten Gastarbeiter aus Australien und Asien an Stelle der Nauruer in den Phosphatgruben. Die meisten Nauruer gaben ihre Arbeit auf und lebten von den vom Staat auf die Bevölkerung verteilten Gewinne des Phosphatabbaus. Die Züchtung von Fregattenvögeln wurde zu einem populären Hobby der Nauruer. Durchschnittlich besass jeder nauruische Haushalt ein Motorboot und zwei bis drei Autos auf einer Insel mit nur 27 Kilometern Strasse. Zum Lebensstil der Nauruer gehörte es auch, regelmässig mit Air Nauru für Shoppingtrips nach Australien zu fliegen und viele Feste zu feiern. Über die Zukunft machte sich damals kaum einer Gedanken. Das Motto: Nach uns die Sintflut beherrschte Nauru.
Die Sintflut
Während ganz Nauru so tat, als würde sein Reichtum nie verblassen, gingen die Phosphatbestände mit den Jahren langsam zur Neige. Im Jahr 2000 waren die Phosphatvorkommen auf Nauru nahezu erschöpft und damit auch die Haupteinnahmequelle des Landes. Zuvor hatte der Inselstaat sich aufgrund der schwindenden Einnahmen aus dem Phosphatabbau extrem verschuldet. Nauru stand kurz vor dem Bankrott. Seine Immobilien musste das Land an seine Gläubiger abtreten. Zum ersten Mal seit Jahrzehnten erhob Nauru wieder Steuern und die medizinische Versorgung wurde wieder kostenpflichtig gemacht.
Verzweifelt versuchte die Pazifikinsel seinen luxuriösen Lebensstandard weiter aufrecht zu erhalten. Einer dieser Versuche war es, Nauru in ein Steuerparadies zu verwandeln. So warb Nauru im Internet damit, dass jeder für eine Gebühr von 20'000 US-Dollar eine Lizenz zur Eröffnung einer Bank auf der Insel erwerben kann. Die russische Mafia nutzte die Bankenpolitik Naurus dazu, Beträge in Höhe von 70 Milliarden US-Dollar zu waschen. Aufgrund von internationalem Druck musste Nauru die vergeben Banklizenzen schliesslich wieder aufheben. Um an Geld zu kommen, verpfändete Nauru sogar seine aussenpolitische Integrität. 2009 anerkannte der Inselstaat die abtrünnigen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien als unabhängige Staaten an, nachdem es dafür von Russland, das ein Interesse an der Unabhängigkeit dieser Gebiete hatte, schätzungsweise 33 Millionen US-Dollar erhalten hatte. Seit 2012 nimmt Nauru auch Flüchtlinge, die in Australien Asyl suchen, auf. Dafür erhält das Land von Australien Ausgleichszahlungen. Die Asylbewerber auf Nauru leben dabei unter unmenschlichen Bedingungen.
Die Folgen
Der jahrzehntelange Abbau des Phosphats hat Nauru neben kurzfristigem Reichtum auch Probleme beschert. Die Bagger und Förderanlagen, mit denen nach Phosphat gegraben wurde, haben Naurus Umwelt grossen Schaden zugefügt. 70% der Insel sind zerklüftet und dadurch unbewohnbar und nutzlos für die Landwirtschaft. Ohne eigene Landwirtschaft muss Nauru Lebensmittel in Form von Konservendosen importieren. Aufgrund dieser ungesunden Ernährung sind 97% aller Nauruer und 93% aller Nauruerinnen übergewichtig, damit hält das Land den unrühmlichen Rekord für die meisten Menschen mit Übergewicht und Diabetes. Nauru ist ein trauriges Beispiel dafür, wie der gierige Abbau von Rohstoffen und die Verschwendung seiner Gewinne ein Land an den Rand des Ruins bringen kann. Dabei hätte Nauru durch nachhaltiges Wirtschaften auch heute noch zu den wohlhabendsten Ländern der Welt gehören können.